DAS ANDERE DAVOS STELLT SICH VOR
Das Weltwirtschaftsforum WEF und die globalisierungskritische Bewegung
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen und Gewerkschaften organisiert attac schweiz seit dem Jahr 2000 die Gegenkonferenz Das Andere Davos anlässlich des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos.
Am WEF treffen sich jedes Jahr die wichtigsten Firmen und Leader, für offizielle Treffen – heuer ist beispielsweise im Rahmen des WEF ein Mini-Ministertreffen der WTO geplant – aber auch für gewinnbringende, geschäftliche Absprachen.
Das Weltwirtschaftsforum erfuhr durch das Entstehen der globalisierungskritischen Bewegung zu Beginn des neuen Jahrhunderts viel Aufmerksamkeit und Kritik. Die neoliberalen Rezepte, jedes Jahr in Davos wieder neu verkündet, verloren im Vergleich zu den 1990er Jahren etwas an Legitimität. Die Kritik daran wurde nicht mehr systematisch als altlink und verkrustet dargestellt. Während dies gelang, setzten sich genau diese Rezepte aber in der Realität zunehmend durch – die Lage unzähliger Menschen und Bevölkerungsgruppen weltweit hat sich in den letzten Jahren noch drastisch verschlechtert. Dass es im 21. Jahrhundert nicht möglich scheint, den Hunger- oder Aids-Tod von Millionen zu verhindern, ist schlicht eine Schande für die Menschheit und ein Zeichen für die Verdorbenheit der aktuellen Weltordnung. Gleichzeitig sind die Reichen gerade in der jüngsten Zeit immer reicher geworden, was die Verschärfung der sozialen Gegensätze ziemlich deutlich aufzeigt.
Das Andere Davos und das Weltsozialforum
Das Andere Davos ist ein wichtiger internationaler Anlass für Kritik und Austausch geworden: Durch die angesprochenen Themen und die eingeladenen RednerInnen hat dieser Aktions- und Diskussionsanlass den Ruf einer kohärenten Tagung erhalten, an der es Raum gibt für radikale und kompromisslose Analysen und Alternativen. Die Konferenz findet in Zürich statt, Hochburg des Finanzkapitals und etwa 150 Kilometer von Davos und WEF entfernt.
Bei der ersten Ausgabe des Anderen Davos im Jahr 2000 entstand die erste Idee eines Weltsozialforums (WSF), das dann im folgenden Jahr in Porto Alegre durchgeführt wurde.
Das Weltsozialforum (WSF) und Das Andere Davos sollten, im Gegensatz zum WEF, soziale Bewegungen und AkteurInnen von Kämpfen zusammen bringen, um sich über eine andere, mögliche Welt auszutauschen. Die zahlenmässige Beteiligung am ersten Weltsozialforum war mit Zehntausenden aus aller Welt überwältigend. Auch spätere Ausgaben, die unter anderem in Bombay, Caracas (Venezuela) und Bamako (Mali) stattfanden, boten Hunderte von Foren und Workshops sowie eine grosse Themenvielfalt. Insbesondere 2001 war auch die Resonanz in den bürgerlichen Medien enorm – es wurde fast mehr über das WSF als über das WEF selbst berichtet. Dies hat sich aber inzwischen wieder gründlich geändert.
Wie weiter mit der Kritik am WEF?
Die globalisierungskritische Bewegung wurde bald von einer zu Beginn sehr grossen Antikriegsbewegung eingeholt, die auf die neuen imperialistischen Kriege in Afghanistan und Irak zu reagieren versuchte. Dass es trotz den weltweiten Demonstrationen vom 15. Februar 2003, an denen sich Millionen beteiligten, nicht gelang war, diese Kriege zu stoppen, sitzt vielen – gerade auch jungen – AktivistInnen in den Knochen. Die desolate Umweltsituation setzt ein weiteres düsteres Zeitzeichen, zumal dies für das Big Business nur eine weitere Gelegenheit für Geschäfte ist – wenn Multis wie Novartis das Trinkwasser beispielsweise in Basel mit Profit verseuchen durften, garnieren dafür heute Nestlé und Konsorte ihre Gewinne mit dem Verkauf von Flaschenwasser.
Wie weiter in einer solchen Situation, wie kann man überhaupt für eine andere Welt kämpfen, und für welche? Ist es vielleicht an der Zeit, Vorschläge zu klären und offen darüber zu streiten? Diese Entwicklung zeichnete sich an den letzten Ausgaben des Weltsozialforums gerade nicht ab. Eine inhaltliche Klärung hätte ja eine Differenzierung, vielleicht ein Auseinandergehen gewisser Komponenten der sehr heterogenen globalisierungskritischen Bewegung mit sich gebracht. Der Preis für das Umgehen von solchen Auseinandersetzungen war teils eine Tendenz, auf der Stelle zu treten, und manchmal wurden Diskussionen ohne qualitativen Zugewinn einfach wiederholt. Auch unterscheiden sich in Konzepten und Aktionsformen manche sehr etablierte Nichtregierungs-Organisationen von Basisgruppen, die unter dem Eindruck der krassen Machtverhältnisse weniger auf Appelle, Petitionen und Lobby sondern mehr auf offene Auseinandersetzungen setzen (müssen).